Dürfen Eltern der Boomer-Generation das Erbe ihrer Kinder ausgeben?
Veröffentlicht am 16.05.2024 von Marcel Penn, Marketing- und Verkaufsleiter Classifieds - Bildquelle: Getty Images
Es ist eine Frage, die einen heiklen Charakter hat: Sind Eltern berechtigt, sich von ihrem Vermögen
ein schönes Leben zu gönnen? Oder sollten sie das Geld sparen, um es eines Tages an ihre Kinder
weitergeben zu können? Es gibt zwei Meinungen, und jede von ihnen hat ihre Berechtigung.
Vermögende Eltern - arme Kinder?
Es ist in einigen Familien zu beobachten: Die Eltern leisten sich schöne Urlaubsreisen, ein neues
Auto und sie gehen oft essen. Kultur und gute Kleidung spielen im Leben ebenfalls eine grosse Rolle. Geld ist da und wird gern ausgegeben. Die Generation, die heute im mittleren und höheren
Lebensalter angekommen ist, hat gespart oder das Vermögen stammt vom Erbe der eigenen Eltern. Das letzte Lebensdrittel dient dem Erleben und der abwechslungsreichen Freizeitgestaltung.
Millennials kämpfen mit hohen Kosten
Die Kinder, heute in der sogenannten Generation der Millennials, haben nicht selten mit Problemen zu kämpfen, die auch finanzieller Art sind. Die Inflation sorgt für hohe Mieten. Die Preise für Kraftstoff und Lebensmittel sind ebenso auf einem hohen Niveau wie die Kosten für den Verbrauch von Energie.
Wenn Kinder da sind, vervielfachen sich die monatlichen Belastungen. Vergünstigungen wie
das Kindergeld oder das Ehegattensplitting und finanzielle Vorteile für Familien mit geringem
Einkommen leisten nur einen geringen Ausgleich.
Diskrepanz zwischen dem Lebensstandard von Eltern und Kindern
Nicht selten wird die Diskrepanz zwischen dem Lebensstandard der Eltern und dem der erwachsenen Kinder mit Argwohn betrachtet. Ist es gerecht, dass die Eltern einen hohen Lebensstandard haben, während die Kinder mit ihrer Familie um ein gutes Auskommen kämpfen? Und wie steht es mit dem Erbe? Haben die Kinder Anspruch auf die Aussicht, einmal besser zu leben, oder dürfen sich Eltern ohne Gewissensbisse die dritte Kreuzfahrt in fünf Jahren gönnen? Die Meinungen zu diesem Thema gehen weit auseinander.
Eltern haben das Recht, über ihr Vermögen zu verfügen
Diese Meinung haben nicht nur viele Befragte, sondern sie wird auch vom Gesetz vertreten: Das
Vermögen gehört den Eltern und nicht den Kindern. Dies bedeutet, dass sie mit ihrem Geld und ihrem Besitz machen können, was sie möchten. Streng betrachtet müssen sie es nicht einmal an die Kinder vererben: Sie haben die freie Wahl, wem sie ihr Vermögen übertragen möchten. Ganz leer gehen die Kinder allerdings nur in sehr seltenen Fällen aus: In der Regel haben sie den Anspruch auf die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils. Dieser wird als Pflichtteil bezeichnet.
Ein Erbe kann erst eintreten, wenn der Mensch verstorben ist: Aus diesem Grund dürfen sich Eltern auch dann ein angenehmes Leben gönnen, wenn es den Kindern nicht so gut geht. Sie sind nicht verpflichtet, die Kinder zu unterstützen oder auf Annehmlichkeiten zu verzichten, nur weil die Kinder einen möglichst hohen Betrag erben sollen. Kinder können sich allein ein gutes Leben aufbauen. Jeder ist für sich selbst verantwortlich.
Verantwortung innerhalb der Familie
Es ist zu beobachten, dass vor allem in vermögenden Familien das Erbe zeitig weitergegeben wird.
Dies geschieht vorrangig, um Steuern zu sparen. Aber auch, um die Kinder an dem guten Leben der Eltern teilhaben zu lassen. Eltern, die der sogenannten Mittelschicht angehören, sind nicht so
grosszügig. Sie denken vorrangig an sich und geniessen ihr Leben.
Vielleicht ist es wichtig, die Frage pragmatisch, mit weniger Emotionen zu beantworten: Die meisten Eltern fühlen sich für ihre Kinder auch dann verantwortlich, wenn diese lange erwachsen sind. Doch dies schliesst nicht automatisch ein, dass Eltern den Nachwuchs von ihrem Vermögen unterstützen wollen und müssen. Wer sehr viel hat, teilt leichter als jemand, der sich nach harten Arbeitsjahren einen schönen Ruhestand gönnen möchte.
Den goldenen Mittelweg finden
Es sollte innerhalb der Familie ein Mittelweg gefunden werden: Wer sein Geld sinnlos verprasst, um die anderen nicht zu bedenken, handelt egoistisch. Vor allem dann, wenn der Nachwuchs hohe Verpflichtungen hat und nur ein bescheidenes Leben führt. Doch niemand muss verzichten, um den Kindern Wohlstand zu ermöglichen. Die Lösung innerhalb der Familie sollte berücksichtigen, dass das Vermögen bis zu ihrem Tod den Eltern gehört. Erst dann haben Kinder einen Anspruch. Alles, was vorher gegeben wird, hat eine freiwillige Basis.